Vergeben lernen

Romona wurde schon von klein auf oft so behandelt, als wäre sie anders und weniger wert als andere. Als zweite Tochter einer indischen Familie, die schon seit mehreren Generationen in Südafrika lebte, wurde sie in ein Land hineingeboren, in dem ihre Hautfarbe ihren sozialen Status bestimmte. Die Kirchen, Restaurants, Schulen etc, waren in der Zeit der Rassentrennung in Südafrika streng unterteilt in weiß und anders-farbig. So wuchs Romona mit dem Gefühl auf, ein Bürger zweiter Klasse zu sein. Ihr Traum war damals wie heute, dass ihre Tochter in einer Welt aufwachsen würde, in der sie als Frau und mit einer dunkleren Hautfarbe nicht die gleichen Schwierigkeiten erleben muss.

Als 1994 die Apartheit endete, rief Bischof Desmond Tutu zu einem großen nationalen Gebetstreffen auf, um gemeinsam Vergebung und Versöhnung zu suchen. Romona erinnert sich noch heute, wie sie daraufhin als junges Mädchen für Frieden für ihr Land betete und ihr klar wurde, dass Vergebung der einzige Weg zum Frieden war.

Vergeben musste Romona von da an noch oft. Auch als sie nach dem Studium frisch verheiratet mit ihrem Mann Euan nach Berlin zog, erlebte sie häufig, wie Menschen sie aufgrund ihrer Hautfarbe beschimpften und verfluchten. Auch wenn es oft schwer war – Vergebung war für sie der einzige Weg zu Frieden und Freiheit.

Und das ist nicht nur für Romona so, sondern wissenschaftlich bewiesen: Durch eine Studie des Luther College in Iowa, USA , wurde von Wissenschaftlern bestätigt, dass es eine Korrelation von hohem Stress, der durch negative Emotionen erzeugt wird, und gesundheitlichen Problemen gibt. Gleichzeitig wurde auch herausgefunden, was diesem Prozess entgegenwirken kann: Vergebung. Bei Menschen, die anderen vergeben können, gibt es diese ungute Verbindung offenbar nicht. Wahre Vergebung ist also gut für Körper und Seele. Und Vergebung bedeutet nicht, die Verantwortung der Person, die einen verletzt hat, herunterzuspielen oder zu rechtfertigen, sondern Vergebung befreit. Vergebung befreit von Bitterkeit, Zorn, Scham. Der Autor und Theologe Louis B. Smedes schrieb ins einem Buch „Die Kunst des Vergebens“:

„Zu Vergeben bedeutet einen Gefangenen zu befreien, nur um letztendlich herauszufinden, dass der Gefangene du selbst warst.“

Romona konnte vergeben, weil sie wusste, dass ihr so vieles von Jesus vergeben worden war. Nun konnte sie anderen vergeben, die ihr Unrecht getan hatten. Der Unterschied war enorm: Verletzung und Verurteilung verschwanden aus ihrem Herzen und sie konnte andere lieben, egal welche Hautfarbe oder Einstellung sie ihr gegenüber hatten.

Gelernt hat sie über die Jahre vieles. Besonders folgendes: Gott ist gut und stark. Aber auch sie ist stark, stärker als sie oft denkt. Durch schwere und harte Zeiten zu gehen, hat sie stärker gemacht und näher zu Gott gebracht. Mittlerweile wohnt Romona in Glasgow, Schottland, wo sie mit ihrem Mann Euan und ihren drei Kindern dabei ist, eine Gemeinde zu gründen. Ihre Tochter Lucy-Mae lehrt sie genau das: Du bist stärker, als du denkst.

Anderen Frauen, die mit ähnlichen Dingen kämpfen (Rassismus, Ablehnung, Unvergebenheit), rät sie folgendes:

„Kämpfe gegen die menschliche Tendenz an, in die Opferrolle zu schlüpfen. Du bist nicht die Summe deiner Umstände, sondern du bist ein Kind Gottes und er hat einen guten Plan für dein Leben. Du bist auf einem guten Weg. Halte an der Hoffnung fest, die in Jesus ist. Vergebe anderen und lebe so ein Leben in Freiheit und im Frieden.“

Romona, 36, Glasgow/ Schottland

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