Hoffnung in Trauer

Carolyn wollte immer eine Mutter sein. Das Vorbild ihrer eigenen Mutter Mary war dafür ausschlaggebend. Mary war eine Mutter, die immer für ihre Kinder da war. Die ihnen ihre Sportbeutel zur Schule brachte, wenn sie diese vergessen hatten. Die ihnen extra Brote schmierte, damit sie mit ihren Freunden teilen konnten. Die jeden zum spielen einlud und Bedürftige beherbergte, die einen Platz zum schlafen brauchten. Eine Mutter, die für jeden Spaß zu haben war. Die für ihre Kinder und andere unablässig betete. Mary war ein Vorbild für Carolyn als Ehefrau und Mutter, die schon früh in ihr den Wunsch erweckte selbst zu heiraten und Kinder zu bekommen. 

Von klein auf war Carolyn  ein fröhliches, behütetes und aufgewecktes Kind. Aber leider war auch Verlust ein Teil ihres Lebens. Als sie zwölf Jahre alt war, starb ihr älterer Bruder durch Selbstmord. Von einen Tag auf den anderen veränderte sich für sie und ihre Familie alles. Gott sei Dank hatte sie Menschen um sich, die sie auffingen, sowie einen starken Glauben an Gott, der durch dieses Ereignis nicht zerbrach, sondern tiefer und stärker wurde. Doch dieser tragische Verlust säte auch eine Saat der Angst in ihr, Angst davor Menschen die ihr lieb und teuer waren zu verlieren. 

Nach ihrem Studium zog sie mit einer Gruppe von Freunden aus ihrem Heimatland Südafrika nach Deutschland, wo sie in der Hauptstadt Berlin mithalf eine Gemeinde zu gründen. Dort lernte sie auch ihren Mann Philipp kennen und lieben und heiratete ihn 2015. 2017 wurde ihr Sohn Jonathan geboren. Ihr Traum war in Erfüllung gegangen: Sie war Ehefrau und Mutter, umgeben von Menschen die sie liebten und die sie von ganzem Herzen zurück liebte. 

Als Jonathan ein Jahr alt war entschieden sich Carolyn und Philipp dazu, noch mehr Kinder zu bekommen. Carolyn wurde sofort wieder schwanger und sie freuten sich riesig auf den Nachwuchs und das Geschwisterchen für ihren Sohn. Doch nach nur wenigen Wochen erlitt sie eine Fehlgeburt. Das Herz ihres Kindes hatte einfach aufgehört zu schlagen. Die Trauer kam über sie wie eine große Welle und schien sie unter sich zu begraben. Warum passierte ihr das? Warum verlor sie schon wieder jemanden, den sie so sehr liebte?

Carolyn und Philipp schafften es durch dieses Tal der Trauer hindurch und sie wurde wieder schwanger. Doch auch dieses Kind lebte nicht länger als ein paar Wochen. Und es passierte wieder und wieder und wieder und wieder. Innerhalb von zwei Jahren verloren sie sechs Babys in den ersten Monaten der Schwangerschaft. Jedes Mal schlug die Welle der Trauer erneut über ihr zusammen und sie war sich sicher, dass sie nie wieder Freude und Hoffnung empfinden könnte. Die Traurigkeit und der Schmerz waren einfach zu viel. 

Sie schrieb in ihr Tagebuch: “Gott hätte das stoppen können, aber aus irgendeinem Grund tat er es nicht. Sagt nicht mehr, dass ich voller Glauben bin, sondern nennt mich besser eine Versagerin und irreparabel zerbrochen. Mein Leben war voller freudiger Erwartung bevor das passierte, aber jetzt ist es nur leer und still. Warum nennt ihr mich treu? Gott interessiert sich nicht dafür mir zu helfen…”

So sehr wir es auch verhindern wollen: Verlust und Trauer sind Teil unseres Lebens. Ann Voskamp schreibt in ihrem Buch “The broken way”: “Große Trauer ist nicht dazu gemacht in deinen Körper zu passen. Deshalb bricht dein Herz. Wenn du das noch nie fühlen musstest, dann, Gott bewahre, mag es eines Tages soweit sein. Es gibt absolut kein sauberes Muster dafür, wer Schmerz und wer Frieden bekommt.” Wenn Trauer nun ein Teil von unserem Lebensweg ist, wie gehen wir damit um? Und wie passt Gott da mit rein?

Jeder Mensch trauert anders. Wir gehen verschieden mit dem Schmerz um, meistens sind folgende Stufen ein Teil davon: Leugnung, Wut, Verhandeln, Verzweiflung und Annahme. Was auf jeden Fall wichtig ist: Es gibt keine Regeln, was man fühlen darf und was nicht, wie lange die Trauer dauert und wie schnell man weitergehen muss. Aber irgendwann ist es gut weiterzugehen, das Grab zu verlassen und durch den Schmerz hindurch in die Zukunft zu schreiten. Und dabei kann und will Gott uns helfen.

Für Carolyn war die Trauer um ihre ungeborenen Kinder ein schmerzhafter und gleichzeitig auch heilsamer Prozess: “Man muss durch den Schmerz und die Trauer hindurchgehen. Und um dort hindurch zu kommen, braucht man Hilfe. Ich brauchte Freunde, die einfach bei mir saßen und mit mir weinten und Freunde, die zur richtigen Zeit ein Wort der Wahrheit in die Dunkelheit sprachen.” Und Carolyn erfuhr Heiligung durch ihre Beziehung zu Gott: “Er war bei mir in meinem Schmerz. Er saß neben mir, legte seinen Arm um mich und weinte mit mir.”

Und durch seine heilende Berührung konnte sie Angst los- und neue Hoffnung zulassen.

Sie schrieb in ihr Tagebuch: “Gott sah mich in meinem zerbrochenen Zustand und kam zu mir. Nennt mich nicht mehr Versagerin und irreparabel zerbrochen. Nennt mich lieber diejenige, deren Becher überfließt, weil Gott mich wieder zusammensetzt und mich mit ihm selbst auffüllt. Mein Leben war still und leer bevor dies passiert ist, aber jetzt hebt mich Gott aus der Asche und füllt mich mit Schönheit. Warum nennt ihr mich zerbrochen? Gott ist mir in meiner Zerbrochenheit begegnet und hat meinem Leben Sinn und Bedeutung gegeben.”

Carolyn möchte Frauen ermutigen, die Fehlgeburten oder andere Verluste erlebt haben:
“Öffne dein Herz gegenüber vertrauten Menschen und Gott. Du musst da nicht allein durchgehen. Wage es neue Hoffnung zu schöpfen, deine Geschichte ist noch nicht zu Ende geschrieben. Gott ist noch nicht zu Ende mit dir.”

Carolyn, 35, Berlin

Carolyn ist mittlerweile wieder schwanger und erwartet ihr Regenbogenbaby im Juli. Letztes Jahr hat sie über Verlust und Trauer gepredigt. Ihre Predigt ih ihrer Gemeinde kannst du dir hier anhören: https://soundcloud.com/enkb/tragischer-verlust-tragic-loss-carolyn-wiegert 

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